Bislang wird die Online-Bestellung von Lebensmitteln in Deutschland nur selten genutzt. Erst ein Drittel der Konsumenten hat es schon einmal ausprobiert, nur sechs Prozent machen es regelmäßig. Die Top-Gründe hierfür sind die Zufriedenheit mit Lebensmittelgeschäften in der Nähe (75,9 Prozent), Spaß am stationären Lebensmittelkauf (46,3 Prozent) sowie Bedenken bezüglich Qualität und Frische online bestellter Lebensmittel (40,9 Prozent).
Noch vor zehn Jahren konnte sich kaum ein Konsument vorstellen seine Schuhe online zu bestellen oder Musik und Filme per Streaming zu genießen. Es hat sich immer wieder gezeigt, mit welcher Macht das Internet Geschäftsmodelle auf den Kopf stellt und Branchen digitalisiert; wie Angebote, die den Kunden ein neues Maß an Bequemlichkeit und Einfachheit bieten, ihre Nachfrage selbst kreieren. Zudem kann der Online-Einkauf von Lebensmitteln auch in Deutschland ein grundlegendes Bedürfnis vieler Verbraucher adressieren: Zeitersparnis. Die größten Zeitfresser im Alltag der Deutschen sind Putzen, Arztgänge – und der Lebensmitteleinkauf. Rund 40 Prozent der Konsumenten wünschen sich daher beim Kauf von Lebensmitteln und Gütern des täglichen Bedarfs Angebote zur Zeitersparnis, und drei Viertel halten für diesen Zweck die Online-Bestellung von Lebensmitteln für ein geeignetes Instrument.
Möglicherweise nutzen ja bislang erst wenige Deutsche die Online-Food-Bestellung, weil viele Anbieter ihnen in Punkto Schnelligkeit und Bequemlichkeit Steine in den Weg legen und die Erledigung des Wocheneinkaufs im Internet nicht ganz so reibungslos und einfach verläuft wie sie es von ihrem Supermarkt um die Ecke gewohnt sind?
Fest steht, dass diejenigen, die online ein breites Lebensmittelsortiment anbieten möchten, vor großen Herausforderungen stehen. Auch die logistischen Anforderungen sind nicht zu verachten: Die Lieferung muss den drei Temperaturzonen der Produkte entsprechend erfolgen (ungekühlt, gekühlt und tiefgekühlt) und viele Lebensmittel sind darüber hinaus sehr empfindlich (z. B. Eier oder Obst). Schließlich muss die Lieferung so geplant werden, dass die Kunden zu Hause sind, wenn die Lebensmittel eintreffen. Hierfür ist die Angabe genauer Lieferzeiträume notwendig, damit die Online-Food-Bestellung für die Kunden auch tatsächlich eine Zeitersparnis darstellt und sie nicht für Stunden an ihre Wohnung fesselt.
Laut einer Studie des ECC Köln befindet sich das Online-Engagement der deutschen LEH-Ketten größtenteils noch in den Kinderschuhen.
Bei Edeka drückt sich die genossenschaftliche Struktur des Verbunds in einer Vielzahl an Online-Shops mit unterschiedlichen Sortimenten aus, die von unterschiedlichen Anbietern mit unterschiedlichen Liefermodellen betrieben werden. Die ebenfalls genossenschaftlich organisierte Rewe Group hingegen bündelt ihr Angebot auf einem Portal (rewe.de). Lidl wiederum vertreibt online lediglich Non-Food sowie einige ausgewählte Lebensmittel (z. B. Wein, Kaffee oder Feinkost), Real bedient mit Real Drive bislang ein sehr eingeschränktes Liefergebiet (Köln, Hannover, Berlin) und Aldi ist online nur mit einem Non-Food-Sortiment aktiv. Tengelmann schließlich vertreibt über den Shop Bringmeister ebenfalls nur an einen ausgewählten Kundenkreis (Berlin und München). Auch Pure Player wie AllyouneedFresh.de, Lebensmittel.de, food.de oder myTime.de machen nicht gerade mit Erfolgsmeldungen zu Profitabilität oder Kundenzufriedenheit auf sich aufmerksam.
Hat sich ein Konsument für den Online-Einkauf von Lebensmitteln entschieden, wird er in Bezug auf Schnelligkeit und Benutzerfreundlichkeit zunächst nicht enttäuscht. Das Befüllen Warenkorbs dauert im Testfall durchschnittlich 18 Minuten – das ist schneller als jeder Gang zum Supermarkt. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Zeitspanne bei zunehmender Bestellerfahrung weiter verkürzt.
Der stationäre Lebensmitteleinkauf ist eine sinnliche Erfahrung: Man kann die Produkte sehen, anfassen, riechen und in manchen Fällen auch probieren. Online-Supermärkte sollten den Wegfall des Tast-, Geruchs- und Geschmackssinn durch eine besonders gelungene Optik ausgleichen, um Stationär-Fans zu überzeugen. Leider gelingt das mit food.de und Bauerntüte nur zwei der untersuchten Händler. food.de präsentiert Obst und Gemüse ansprechend, indem Schlagschatten eingefügt und frische Produkte zum Teil aufgeschnitten und ansprechend arrangiert dargeboten werden. Bei den anderen Online-Supermärkten gilt: Produkte werden häufig nur aus einer Perspektive gezeigt und Zoomansichten sind in der Regel nicht möglich. Auch die Einbindung freigestellter Produktbilder vor weißem Hintergrund fällt wenig emotional aus.
Besonders großes Zeitsparpotenzial ergibt sich, wenn Kunden die Lebensmittelbestellung auch unterwegs mit dem Smartphone oder Tablet durchführen können – etwa beim Pendeln zum Arbeitsplatz oder beim abendlichen Fernsehen auf der Couch. Die Mehrheit der getesteten Händler ist auf ein solches Szenario jedoch nicht eingestellt. Lediglich rewe.de setzt ein Responsive Design ein, um seine Kunden auch mobil bedienen zu können. Hier besteht großer Nachholbedarf, denn Beispiele aus dem Ausland – wie etwa Ocado aus Großbritannien – zeigen, dass die einfache Bedienung mit mobilen Endgeräten entscheidend ist, wenn es um die Gunst der Konsumenten geht.